Mittwoch, Juni 27, 2007

Eva im Kakadu-Nationalpark

Foto: Felsenmalereien bei Ubirr

Der Kakadu-Nationalpark ist halb so gross wie die Schweiz und eine weitere Weltkulturerbestaette Australiens, die sich im Northern Territory befindet. Eva ansehen muss, Eva ansehen muss! Gesagt, getan. Unsere relativ kleine Tourgruppe setzte sich in Darwin in das unbequeme und ueberaus unbequeme 4 Wheel Drive-Fahrzeug, welches uebrigens ziemlich unbequem war, und los ging die Fahrt Richtung Kakadu!

Doch bevor wir Kakadu erkundeten, unternahmen wir eine “Croc and Wildlife Cruise” auf dem Mary River. Das Northern Territory wimmelt nur so von Krokodilen, es ist quasi “Crocodile Country” schlechthin, daher hatten wir keinerlei Probleme diese niedlichen Tierchen zu finden. Ebenfalls unuebersehbar in den Wetlands sind die vielen Wasserlilien, deren Stamm man essen kann und der – Ueberraschung! – ziemlich waessrig schmeckt.

In Kakadu angekommen fuehrte uns unser Weg zuerst nach Ubirr. Da wir uns gerade zur Beginn der Trockenzeit befanden, gab es im gesamten Park zahlreiche, absichtlich gelegte, sog. “kontrollierte Buschfeuer”. Kontrollierte Buschfeuer sind zum einen wichtig fuer die Regeneration der Pflanzen, zum anderen koennen sie “echte” Buschfeuer verhindern, indem trockene Blaetter und anderer Zuendstoff vorher abgebrannt werden. Ich haette ja nie gedacht, dass ich einem Buschfeuer derart nahe kommen wuerde. Entlang des Fussweges vom Parkplatz nach Ubirr brannte links und rechts von uns der Busch teilweise lichterloh und wir mussten durch eine dichte Rauchwand gehen. *hust* Mir ist es ja ein Raetsel, wie sie die Feuer unter Kontrolle halten koennen. Uberaus faszinierend, wie die Flammen eine unsichtbare Linie knapp einem Meter von unserem Pfad entfernt nicht ueberschritten haben.

Aber zurueck zu Ubirr: Hier befinden sich besonders viele Felsenmalereien der Aboriginees. Man schaetzt, dass manche von ihnen teilweise ueber 30.000 Jahre alt sind! Allzu viel habe ich ueber diese Felsenmalereien allerdings nicht erfahren, da sich unser Tourguide als aeusserst schweigsam entpuppte. Dennoch: Ziemlich beeindruckend.

Die hiesige Flora und Fauna sind ebenfalls beeindruckend. Nicht umsonst wurde der Grossteil der “Crocodile Dundee”-Filme hier in Kakadu gedreht. Die Flora und Fauna Kakadus wird respektiert, verehrt und geschuetzt. Ausnahme sind die vor zig Jahren eingeschleppten, giftigen Kroeten (Cane Toads), die sich zu einer wahren Plage entwickelt haben und das biologische Gleichgewicht empfindlich stoeren. Diesen quakenden Quaelgeistern rueckt man erbarmungslos und eiskalt zu Leibe. Und wenn ich eiskalt sage, meine ich auch eiskalt. Kuehlschrank- und tiefkuehltruhenkalt, um genau zu sein. Da die Kroeten giftig sind, soll man sie naemlich nicht anfassen, zerquetschen oder Golf mit ihnen spielen. (Cane Toad Golf – kein Witz, sondern die wahrhaftige Wahrheit!) Die ultimative Empfehlung fuer deren Handhabung lautet: Kroete in den Kuehlschrank oder noch besser in die Tiefkuehltruhe stecken, zu Tode frieren lassen und dann ab in den Muell. Wie human. Und wie abstossend! (“Schatz, im Kuehlschrank ist kein Platz mehr fuer Yoghurt.” – “Natuerlich ist da Platz. Hier, einfach auf die Kroete stellen. Huch, schnell, schliess die Tuere, sie zuckt noch!”) Gut, es gibt in der Regel in den Wohngegenden einen Gemeinschafts-Kroetenkillkuehlschrank, aber das heisst ja noch lange nicht, dass den auch alle nutzen. Falls ihr also einen alten Kuehlschrank oder eine alte Tiefkuehltruhe entsorgen wollt: Ab nach Kakadu, die sind fuer jede frostige Spende dankbar. *schuettel*

Ich bekam zwar keine einzige Kroete zu Gesicht, habe dafuer aber moerderische Racheplaene an anderen Tieren geschworen: Moskitos. Die Naechte verbrachten wir, wie auch schon bei Uluru, im Freien schlafend in Swags. Doch dieses Mal waren die Swags mit Moskitonetzen ausgestattet. Was natuerlich nur funktioniert, wenn man die Netze an beiden Enden irgendwo befestigen kann, sodass sie nicht auf einem liegen. Was wir natuerlich nicht konnten. Was dazu fuehrte, dass mich diese Mistviecher durch das Moskitonetz, durch meinen Schlafsack und durch meine lange Schlafanzughose hindurch fast zu Tode gestochen haben. Mag zwar sein, dass ich gelegentlich zu geringfuegigen Uebertreibungen neige, aber hier uebertreibe ich leider nicht.

In der ersten Nacht schwirrten so viele Moskitos um mich herum, dass ich kein Auge zudruecken konnte, so laut waren sie. Und trotz Mueckenabwehrmittel, Tropical Strength, mit welchem ich mich mehrere Male taeglich einnebelte und somit eine 250 Gramm-Dose innerhalb von zwei Tagen leerte, haben sie mich aufs Uebelste attackiert. Besonders schlimm war die erste Nacht, in der ich eine Art allergische Reaktion entwickelte. Glaube ich zumindest, es hat hoellisch gejuckt! Ihr koennt euch das gar nicht vorstellen. Bin ja nicht zimperlich, aber da war ich wirklich den Traenen nahe vor Schmerzen.

Das Ergebnis konnte ich erst am naechsten Morgen begutachten und meiner Reisegruppe damit einen kleinen Schock versetzen. Hatte ich mich ueber die 40-50 Mueckenstiche bei Cape Tribulation beschwert? Laecherlich! So viele hatte ich allein an einem meiner Knie! (Siehe Foto. Tut mir leid, kein schoener Anblick, aber sonst glaubt mir das doch keiner!) Manche sahen aus wie Brandblasen. Besonders nett fand ich die Tatsache, dass D., der keinen einzigen Mueckenstich waehrend der ganzen Tour abbekommen hat (Oh, wie ich ihn dafuer hassen koennte!!), meine Beine fotografieren wollte, weil er noch nie jemanden mit so vielen Mueckenstichen gesehen hat. Unser Tourguide uebrigens auch nicht. Yippieh, toll, das freut mich aber, dass ich euch als Zirkusattraktion dienlich sein kann! *vor sarkasmus trief* Und somit wurde mir mein Kakadu-Erlebnis von Hunderten Moskitos ziemlich vermiest, da ich mich ununterbrochen vom Dauerkratzen abhalten musste. Ach ja, in der naechsten Nacht kamen natuerlich noch mehr Mueckenstiche dazu. Die Frage bleibt: Warum ich? Warum nur???

All den Mueckenstichen zum Trotz: The tour must go on. Eine Wanderung durch Kakadu bei Yurmikmik stand auf dem Plan. Zu Beginn des Weges die ueblichen Warnhinweise: Hier gibt es Krokodile, daher von allen Wasserlaeufen fernhalten. Der Park ist gross und man kann leicht verloren gehen, daher unbedingt mit Karte und Kompass losmarschieren. Alleine haette ich wohl kein allzu gutes Gefuehl gehabt, hier heiter durch den Busch zu wandern. Aber ich war ja gluecklicherweise nicht alleine und wir hatten schliesslich unseren Tourguide.

Knapp eine Stunde spaeter: Eine Gruppe von Backpackern steht verloren in den Tiefen Kakadus herum, nachdem sie todesmutig einige brueckenlose Baeche ueberquerten. Sie sind umzingelt von hohen Graesern, da der Wanderweg zugewachsen ist. Doch befinden sie sich tatsaechlich noch auf einem Wanderweg? Der kompetente karten- und kompasslose Tourguide war anderer Meinung und hat daher seine Gruppe alleine in der Wildnis stehen lassen, um nach dem richtigen Weg zu suchen.

Eine Viertelstunde spaeter: Der Tourguide ist immer noch nicht zurueckgekehrt. Die Erkenntnis: Wir sind “Lost”! Nach einer Mini-Umfrage stellt Eva fest, dass die Ueberlebenschancen der Gruppe relativ gering sind, da sich weder ein Arzt noch eine Krankenschwester in ihrer Mitte befindet. Des weiteren gelangt sie zur Erkenntnis, dass sie als Erste dahinscheiden wird. Denn wenn sie etwas von diversen Fernsehserien und Filmen gelernt hat, dann ist es die qualvolle Tatsache, dass immer zuerst die Person, die sich ueber drohende Gefahren lustig macht, stirbt. Karma nennt man das wohl. (Memo an selbst: Mich nicht mehr ueber eventuelle Gefahren lustig machen. Obwohl ich zu meiner Verteidigung sagen muss: Wie gross ist schon die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Tourguide verirrt?)

So leicht lassen sich die Backpacker jedoch nicht unterkriegen und sie machen sich auf den Weg zurueck zum Parkplatz. Zwischendurch immer ihren Tourguide rufend. Nach einer Weile hoeren sie etwas. Oder jemanden? Ist das tatsaechlich der Tourguide? Sie rufen erneut und erhalten Antwort. Ihr Tourguide! Aufgeregt reden sie alle durcheinander - “He’s there!”, “He is in this direction!” – und jeder einzelne von ihnen zeigt in eine andere Richtung. Was ich fuer besonders bewundernswert halte, da es lediglich vier Himmelsrichtungen gibt. Dieser Moment war schwer comedy-verdaechtig und sogar die letzte Backpackerin, der die ganze Zeit ueber ziemlich mulmig zumute war, musste loslachen.

Tatsaechlich fanden wir nach kurzer Zeit zurueck zu unserem Tourguide, der den richtigen Weg schon vor einiger Zeit gefunden hatte, sich aber dachte, dass er lieber auf uns wartet, wir wuerden schon irgendwann auftauchen und ihn suchen, anstatt zu uns zurueckzukommen, da er dann den richtigen Weg eventuell nicht mehr finden wuerde. Nun ja. Ich hielt ja schon vorher nicht besonders viel von unserem Kakadu-Tourguide, aber diese Aktion war natuerlich ein Meisterstueck.

Da wir dadurch einiges an Zeit vertan hatten, konnten wir natuerlich nicht mehr die gesamte Wanderung durchfuehren. Wir stoppten an zwei kleinen Seen inklusive Wasserfaellen, wo man laut unserem Tourguide gefahrlos schwimmen konnte. Da wir jedoch die einzigen Touristen weit und breit waren, ich vor meinem inneren Auge die zahlreichen Krokodilwarnschilder sah und ich kein allzu grosses Vertrauen (Sprich: ueberhaupt keins. Null. Nada.) in unseren Tourguide hatte, verzichtete ich dankend. Von der Gegend, Geschichte, Pflanzen- oder Tierwelt habe ich uebrigens nichts erfahren. Obwohl es sicherlich viel darueber zu sagen gibt. Bisher hatte ich ja immer Glueck gehabt mit meinen Touren. Doch dieser Tourguide war gelinde gesagt ein Griff ins Klo. Schade. Das war also meine wunderschoene Wanderung im Kakadu-Nationalpark.

Fuer viele die Hauptattraktion sind die beruehmtesten Wasserfaelle des Kakadu-Nationalparks, die garantiert in jeder Broschuere und in etlichen Reisefuehrern abgebildet sind: Die Jim Jim Falls und die Twin Falls. Was einem wieder mal keiner verraet: In der Regenzeit, in welcher die Faelle logischerweise am Imposantesten sind, kann der eifrige Wasserfalltourist sie nicht besuchen, da die Strassen bzw. Wege ueberflutet sind. Deswegen handelt es sich bei all den Fotos von den rauschenden Wasserfaellen um Luftaufnahmen. In der Trockenzeit hingegen sollte man relativ problemlos (Fahrzeug mit Allradantrieb vorausgesetzt) dorthin gelangen; jedoch fuehren die Faelle dann eine weitaus geringere Menge an Wasser und sind nicht mehr besonders spektakulaer. Und wenn man wie Eva zu Beginn der Trockenzeit Kakadu besucht, kann es durchaus sein, dass die Strassen immer noch geschlossen sind. Bingo! *schnief* Und so kam es, dass Eva noch nicht einmal die rinnsaligen Jim Jim und Twin Falls zu Gesicht bekam. Tiefe Trauer erfuellte ihr Touristenherz.

Zum Glueck gibt es viele Wasserfaelle in Kakadu und daher kam Plan B zum Einsatz: Ein Besuch der Gunlom Falls. Eine kleinfeinsteile Kletterpartie nach oben und schon waren wir da! Es gibt dort verschiedene Ebenen und kleine krokodilfreie Seen (= Rock Pools), in denen man schwimmen kann. Wir arbeiteten uns von dem obersten See zum untersten durch. (Und nein, wir nahmen nicht die offensichtliche Abkuerzung entlang der Wasserfallrutschen. Die sind ein bisschen hoch und ein ganz klein wenig gefaehrlich. Ein ganz klein wenig. Und mit “ein ganz klein wenig” meine ich natuerlich “lebensgefaehrlich”.) Wunderschoene Schwimmgelegenheiten, ausserdem eine tolle Aussicht auf die Umgebung. Das Highlight: Wir schwammen im obersten Rock Pool zu einem versteckten Wasserfall. Der Weg dorthin ist mit kleinen Kletterpartien gespickt. Meerjungfrauengleich kletterte ich mit der Grazie eines Seeelefanten ueber im Wasser liegende, rutschige Felsen. (Die Meerjungfrau und der Seeelefant – drei “e”s hintereinander in einem Wort, ich finde das immer noch seltsam – scheinen sich nur zu widersprechen. Es ist durchaus moeglich dies zu bewerkstelligen!) Am Ziel angekommen konnte ich mir vom Wasserfall meinen Ruecken massieren lassen und bedeutungsschwere Konversationen fuehren. *mich an eine besonders interessante unterhaltung erinner*

Eva: “I like it here.” – A.: “WHAT??” – Eva: “I LIKE IT HEEEERE!!” – A. zu S.: “WHAT DID SHE SAY?” – S.: “PARDON ME?” – A.: “WHAT???” (Und die Moral von der Geschicht: Wasserfaelle sind laut. Glaubt es oder glaubt es nicht. Ich sagte: GLAUBT ES ODER GLAUBT ES NIIIIIIIIICHT!!)

Das war dann auch schon das Ende meines kleinen Kakadu-Ausfluges und wir machten uns in unserem unbequemen Autochen auf den Weg zurueck nach Darwin. Ueber meine Zeit in Darwin werde ich keinen eigenen Beitrag verfassen, da es nicht besonders viel darueber zu erzaehlen gibt. Im Schnelldurchlauf: Meine Tourgruppe Alice Springs-Darwin feierte gemeinsam mit meiner Kakadu-Tourgruppe Abschied in einem Nachtclub. Wir waren ueber 30 Leute und hatten viel Spass. Ich erkundete Darwin zu Fuss und muss sagen, dass das Gebaeude des dortigen Parlamentes an sich nicht nur huebsch anzusehen ist, sondern dass die Parlamentarier ebenfalls eine tolle Aussicht (Meerblick) haben. Schwimmen im Meer ist uebrigens suizidal, da dies unzaehlige Krokodile zu ihrem Revier erklaert haben. Ach ja, schoen warm war es die ganze Zeit. Und somit genoss ich in Darwin die letzten waermenden Sonnenstrahlen, bevor mich mein Weg in den Winter fuehrte.

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