Dienstag, Juni 19, 2007

Eva und Uluru, auch bekannt als Ayers Rock

Foto: Juhu, Uluru!

"Ich und Du, Uluru" – Ein Auszug aus dem Drehbuch, das nie verfilmt wird, da es wirklich geschah und schon laengst vorbei ist

Darsteller:
Uluru als Ayers Rock (Kuenstlername = The Rock)
Eva als Eva in Australia (= The Eva)
Hunderte von Touristen (= The Tourists)
Hunderte von Fliegen (= The annoying things)

Szene 14 - Uluru, wo bist du?
Outback, Northern Territory, Australien. Eva sitzt in einem Bus, der auf einer staubigen Strasse Richtung Uluru-Kata Tjuta-Nationalpark entlang faehrt. Fensterplatz. Erwartungsvoll blickt sie in die Weite, ihren Kopf auf ihre Hand gestuetzt. Blick nach links.

Eva, ueberrascht, ueberwaeltigt, quietschend:
“Da isser ja!!”, hektisch auf einen roten Felsen links von ihr deutend.

Nahaufnahme von Evas Gesicht, welches unglaeubig dreinschaut, als ihr und den anderen Passagieren mitgeteilt wird, dass es sich dabei nicht um Uluru, sondern um Mount Conner, bekannt als “Fuluru” (= falscher Uluru), handelt, auf den seit Generationen Ayers Rock-Touristen reinfallen.

Monolog Eva:
“Wieso nur habe ich noch nie zuvor etwas von Mount Conner gehoert? Er ist doch ziemlich gross! Und wie konnte ich ihn nur mit Uluru verwechseln? Gut, sie sehen sich schon verdammt aehnlich. Wie kann das nur sein, dass in dieser Gegend gleich zwei derartig imposante Steinformationen exisitieren, man aber nur etwas von einer hoert, sieht und liest?” Melodramatischer, verweifelter Seufzer: “Uluru, wo bist du?” SCHNITT!

Szene 15 – Ayers Rock, anyone?
Wie zuvor: Eva im Bus im Outback. Doch dieses Mal, wieder links von ihr, der wahre und echte rote Touristenmagnet: ULURU. Gross und maechtig. 348 Meter hoch. Staunendes Schweigen von Eva and the rest of the tourists im Bus. Nur das Summen diverser Fotoapparate und eine miauende Katze sind zu hoeren. SCHNITT!

Szene 16 – Sonnenuntergang, die erste
Ein internationales, aufgeregtes und froehlich tratschendes Trueppchen von Backpackern beobachtet den Sonnenuntergang. Mittendrin: Eva als representative of Germany. Tatsaechlich wird der Sonnenuntergang kaum gewuerdigt, da die Sonne auf der einen Seite untergeht und Uluru auf der anderen Seite alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Schnell kristallisiert sich die French-Italian-German-Swedish-Connection heraus, deren Mitglieder ihre Fotoapparate heiss laufen lassen: Dutzende Fotos von Uluru und den Backpackern, wie sie diesen Felsen “halten”, auf ihn deuten und davor in die Luft springen werden geschossen. Zwei aeltere Paerchen betrachten kopfschuettelnd dieses Treiben voller Staunen. Und immer wieder miaut eine Katze. SCHNITT!

Szene 19 – Schlafen im Swag
Aehm…ja, das Drehbuch endet hier aufgrund unerwarteter Laengen. Daher im Nicht-Drehbuch-Stil eine Zusammenfassung von Eva:

Ein Swag, wie soll man das beschreiben? Es handelt sich dabei um eine Schaumstoffmatratze, die in einer Art Schlafsack aus Zeltstoff eingebaut ist. Man schlaeft also mit seinem eigenen Schlafsack im Swag. Geniale Erfindung, wasserdicht, einfach zu handhaben. Vor allen Dingen hat man freie Aussicht auf den Sternenhimmel, der im Outback ueberwaeltigend ist. Ergo: Eva moechte ab sofort im Freien immer in einem Swag schlafen! *swag heimlich in meinen Rucksack packe*

Allerdings haben hier einige Backpacker wieder die harte Lektion lernen muessen, dass es nachts in der Wueste tatsaechlich kalt werden kann. Wir hatten beispielsweise kuschelige 7 Grad. Dank meines warmen Schlafsackes und dem Swag kein Problem. Einige meiner Mitreisenden hatten allerdings nur einen duennen Sommerschlafsack und haben bitterlich gefroren, die Armen. Da half auch das Lagerfeuer nicht viel weiter.

Geschlafen haben wir sowieso nicht viel, da wir zweimal mitten in der Nacht aufgestanden sind, um den Sonnenaufgang anzusehen. Leider war ich zur falschen Jahreszeit da, sodass die Sonne nie hinter Uluru, sondern in einiger Entfernung auf- und unterging. Dennoch schoen und sehenswert. Das Farbenspiel ist wirklich beeindruckend, Uluru erscheint in den verschiedensten Rottoenen. Ich kam schnell auf die geniale Idee, so ca. alle eineinhalb Minuten ein Foto zu schiessen, um die Farbveraenderung festzuhalten. Was dazu fuehrte, dass ich nun tatsaechlich mehr Fotos von Uluru als vom Opernhaus habe (wie konnte das nur passieren?!) und ich innerhalb von fuenf Tagen ueber 500 Bilder gemacht habe.

Zu viele? Suechtig?! Ich denke nicht. Und nein, ich habe kein Fotografierproblem. Ich doch nicht.

(Blick in die Zukunft: Eva sichtet in gut zwei Monaten all ihre Fotos, rauft verzweifelt ihre Haare, jammert “Warum nur, warum?!”, umklammert ihren Fotoapparat und beschimpft ihre Speicherkarten Ernie, Bert und Kermit, bevor sie einen hysterischen Lachanfall erleidet und von Maennern in einer weissen Jacke in die Fotoentzugsklinik abgefuehrt wird.)

Zurueck zur eigentlichen Geschichte. (Nur am Rande sei erwaehnt, dass ich noch viel mehr Fotos haette schiessen koennen, aber das Fotografieren an heiligen Staetten der Aboriginees strikt untersagt war, weswegen ich “nur” auf die ca. 100 Fotos pro Tag-Quote komme.) Unsere Tourgruppe hatte gleich zwei Tourguides, was hervorragend war, da ich wirklich sehr viel ueber Uluru und die Kultur der Aboriginees gelernt habe. Wir haben u.a. eine Aboriginee-Kuechenhoehle besichtigt und ein schwarzes Brett der Aboriginees. Ich habe erfahren, dass Aboriginees in ihren Felsmalereien meist nicht das eigentliche Tier, sondern die Spuren, die es im Sand hinterlaesst, zeichnen. Was zu einiger Verwirrung fuehrte, als Aboriginees das erste Mal mit Schildern mit Pfeilen darauf in Kontakt kamen, da sie genau in die entgegengesetzte Richtung liefen und nicht in die Richtung, in die der Pfeil deutete. Des Raetsels Loesung: Der Fussabdruck eines Emus sieht aus wie ein Pfeil, der nach unten deutet. Um das Emu zu finden, muessen sie allerdings logischerweise in die Richtung laufen, in die das Emu gelaufen ist. Und dies ist nun mal genau entgegengesetzt zu der Richtung, in die der Emu-“Pfeil” deutet. (Vielleicht veranschauliche ich das spaeter noch mal, da es einfacher zu verstehen ist, wenn man ein Bild davon sieht. Allerdings setze ich unendliches Vertrauen in meine kleine, aber feine Leserschaft, die bestimmt versteht, was ich meine. Tut ihr doch. Oder? ODER?? *droh* Wusst ichs doch. *zufrieden zuruecklehn*)

Auf den Monolithen selbst bin ich uebrigens nicht geklettert, dafuer einmal drumherum gelaufen (etwa 10 km). Aus der Naehe betrachtet ist er recht schuppig, zerklueftet und loechrig. Welche Farbe hat er uebrigens? Na? Rot? Falsch. Er ist eigentlich grau. Die rote Farbe ist lediglich Rost. Man vermutet, dass der fuer uns sichtbare Teil nur die Spitze des Eisberges ist und Uluru noch bis zu 6 Kilometer tief in die Erde hineinreicht. (Ja, ja, Uluru ist kein Eisberg, ich weiss, das ist doch nur ein Vergleich!) Mit etwas Fantasie kann man viele lustige Sachen im Felsen entdecken, etwa Mick Jaggers Lippen, einen riesigen Loewenkopf, einen Hundewelpen oder auch Darth Vader.

Besonders informativ und beeindruckend fand ich den Besuch im Aboriginee-Cultural Center. Dort ist das “Sorry-Book” zu finden: Briefe von Leuten aus aller Welt, die sich dafuer entschuldigen, dass sie auf Ayers Rock geklettert sind. Die Aboriginees bitten indringlich darum, dies zu unterlassen, da das Erklimmen des Felsens fuer sie ein hoechst heiliger und zeremonieller Akt ist, den nur etwa zwei Aboriginee-Maenner pro Jahr durchfuehren. Mal abgesehen davon, dass “The Climb’ (= der Weg hoch auf den Felsen) verdammt steil und gefaehrlich ist, bei heftigem Wind geschlossen wird und schon viele Verletzte und gar Todesopfer gefordert hat. Manche Briefeschreiber senden auch Steinchen zurueck, die sie als Souvenir haben mitgehen lassen. Ebenfalls nicht gerne gesehen von den Aboriginees.

Ausserdem habe ich zum allerersten Mal im Cultural Center erfahren, dass der Pachtvertrag, der 1985 zwischen dem Anangu-Stamm der Aboriginees, die traditionellen Eigentuemer von Uluru, und der australischen Regierung abgeschlossen wurde, nur fuer 99 Jahre gilt. Was danach aus diesem Nationalpark wird, ob er immer noch fuer Touristen oder Nicht-Aboriginees zugaenglich sein wird, ist ungewiss. Mein Tipp: Daher schnell Uluru ansehen gehen, solange ihr es noch problemlos koennt!

Wenn ich schon mal bei Tipps bin, der ultimative Fashion-Tipp fuer euren Uluru-Besuch: Ein modisches Fliegen-Kopfnetz, welches sowohl ueber als auch unter einem Hut tragbar ist. Ihr werdet es brauchen, glaubt mir.

Und was habt ihr dank meines heutigen Beitrages gelernt? Richtig, manche Kameras koennen miauen. Leider ist mein Fotoapparat nicht mit dieser aeusserst nuetzlichen Funktion ausgestattet. Dann eben mein naechster. (Mich im Geiste schon Kameraverkaeufer in die Verzweiflung treiben sehe: “Mal abgesehen von den Megapixeln und dem ganzen unnuetzen technischen Kram, kann diese Kamera denn auch miauen?”) Abschliessend bleibt nur zu sagen: Uluru ist auf alle Faelle einen Besuch wert, allerdings ist dieser ohne all die Hintergrundinfos, die ein Tourguide liefert, absolut wertlos. Finde ich zumindest.

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