Donnerstag, September 27, 2007

Eva in Wien

Foto: Der Stephansdom

Die zehntgrößte Stadt der Europäischen Union ist die Hauptstadt der Alpenrepublik Österreich: Wien. Nein, liebe Wiener, für einen Platz 10 müsst ihr euch nicht schämen. Es kommt ja schließlich nicht auf die Größe an. Schämt euch lieber für den Satz: "Wir Wiener Waschweiber würden weiße Wäsche waschen, wenn wir wüssten, wo weißes Waschwasser wär'." Abgründe eures mangelnden und überaus seltsam anmutenden Hygienebewusstseins tun sich damit auf! Doch milde gestimmt lasse ich eure seltsamen Waschgewohnheiten wohlwollend in der Versenkung verschwinden, um mich auf die positiven Aspekte zu konzentrieren.

Kurz zum Anlass meines spontanen und kurzen Wienbesuches: Maria. (Die sich im Übrigen über ihr abgekürztes Dasein als M. in meinem Blog lautstark beschwert hat und nun mit den Konsequenzen leben muss. So! Auch wenn ich traurig bin, dass mein Name nun der Kürzeste ist. *schnief*) Maria haut nämlich in wenigen Stunden für viele Monate ins Ausland ab. Unverschämt, wie kann man so etwas nur machen?! Tja, und genau darum fuhr ich nach Wien. Wäre ich nämlich nicht nach Wien gereist, hätten wir uns fast zwei Jahre lang nicht gesehen. Das wäre doch schade. Wien zu sehen war auch wieder schön, denn es handelt sich dabei - bisher zumindest - um meine Lieblingsstadt. Hinfahren, sofort! Also bitte nicht sauer werden, liebe Österreicher, falls ich mich über die ein oder andere Seltsamkeit lustig mache. (Tipp am Rande für Wienbesucher: Nur die Wäsche lieber daheim waschen. Sicher ist sicher.)

Am Westbahnhof wurde ich netterweise von Maria abgeholt und dann nicht ganz so netterweise von ihr mit einer Zeitungsschlagzeile eines journalistisch höchst wertvollen Printmediums Österreichs begrüßt: "Sind wir die Dümmsten Europas?" (Es bezog sich auf die aktuelle OECD-Studie.) Unterzeile, sinngemäß: "Nur die Deutschen sind noch dümmer als wir." Auch diese Aussage lasse ich unkommentiert hinter mir liegen und stelle lediglich fest, dass ich keinen Zettel an meinem Küchenschrank kleben habe, wo drauf steht, für was eigentlich die Abkürzung OECD steht. (Fies, ich weiß. Aber die Bemerkung konnte ich mir nicht verkneifen! Außerdem finde ich die Zettelidee für Dinge, die man sich schlecht merken kann, wirklich gut.) Angesichts dieser Schlagzeile fiel ein deutsches Schwein, welches dank meiner Mithilfe in Österreich eingebürgert wurde, in eine tiefe Identitätskrise und ist nunmehr nur noch als "Bob, der Bär" bekannt. Tragische Sache.

Anyway: Zuerst fuhren wir zu Marias neuer Wohnung bzw. WG. Sehr hübsch gelegen. Allerdings spreche ich hier noch einmal eine wichtige Warnung aus: Österreicher zählen Stockwerke anders! Sie pflegen nämlich nach Lust und Laune solche Etagenbezeichnungen wie Parterre, Hochparterre, Mezzanin, noch ein Mezzanin und ähnliches einzufügen. Warum auch immer. Und so kann es dann schon mal passieren, dass man zwar "offiziell" im 3. Stock wohnt, es sich dabei tatsächlich aber um den 9. Stock handelt. Die Zeitungsträger lassen sich davon jedoch nicht irritieren und legen die abonnierte Zeitung direkt vor die Haustüre. Egal in welchem Stockwerk. Das nenne ich Arbeitsmoral.

Auf dem Dach des Hauses, in dem Maria wohnt, hat man eine wunderbare Aussicht auf ganz Wien. Ich fühlte mich sofort in die Szene der österreichischen Version von "Mary Poppins" versetzt. Ach ja, wen es interessiert: Das Dach heißt Dach. Es geht doch, wenn ihr wollt, liebe Ösis! :)

Da ich schon öfters in Wien war, kann ich euch beruhigen: Es folgt nun keine detaillierte Beschreibung der einzelnen Sehenswürdigkeiten. Natürlich war ich auch mal wieder in der Altstadt (UNESCO-Weltkulturerbe, UNESCO-Weltkulturerbe!), flegelte im Innenhof des Museumsquartiers auf lustigen, überraschend gemütlichen Sitzblöcken herum und startete einen überaus erfolglosen - zumindest für mich - Shoppingversuch auf der Mariahilfer Straße. Außerdem schnupperten wir in die Welt der wohlhabenden Wiener hinein: Ein Besuch bei Tiffany am Graben, die vor kurzem einjähriges feierten, und der wohl teuerste Milkshake im Café Landtmann waren Teil dieses Schnupperprogramms.

Wir waren auch andersweitig gut verplant: Eine Freundin Marias feierte ihr Diplom, eine andere Freundin an einem anderen Tag ihren Junggesellinnenabschied. Bei letzterem stand u.a. eine Führung im Botanischen Garten zum Thema "Liebespflanzen und Aphrodisiaka" auf dem Plan. Sehr interessant! Nun weiß ich, dass Viagra hunderten Nashörnern das Leben gerettet hat und demnächst vielleicht sogar den Tigern. Weiterhin weiß ich, wie früher oft Opiumrauch äußerst effektiv konsumiert wurde. (Allerdings werde ich auf keinen Fall näher ANALysieren, wieso dieses Wissen heute noch erhalten ist.) Des Weiteren sah ich einen harmlos aussehenden Cocastrauch - Erythroxylum coca. (Coca Cola leugnet übrigens, dass Kokain - trotz der Namensgleichheit - jemals ein Bestandteil ihres braunen Zuckerwassers war. In einem Liter Cola befinden sich angeblich ca. 36 Würfelzucker. Schon gewusst?) Dafür konnten wir die Alraune und den Hanf nicht sehen, weil die geklaut und grausam entwurzelt worden waren.

Das am einfachsten selbst herzustellende Aphrodisiakum soll übrigens kalter Kaffee mit einer untergerührten Lebkuchenwürzmischung sein. Aha. Im Anschluss an diese lehrreiche Führung gab es ein herrliches Picknick bei schönstem Wetter, ebenfalls im Botanischen Garten. Apropos Wetter: Es war sagenhaft, täglich strahlend blauer Himmel! Da habe ich es eindeutig besser erwischt als der Papst bei seinem kürzlichen Österreichbesuch.

Weiterhin besuchten wir das "Lichterlfest" am Donaukanal, quasi fast nebenan von Maria. Das versprochene "Lichtermeer" war zwar eher ein "Lichterrinnsal", dafür war das Feuerwerk toll! Von beiden Brücken fiel ein dichter Funkenvorhang auf die Wasseroberfläche und bunte Feuerwerkslichter trieben auf dem Kanal an den Schaulustigen vorbei. (Leider macht meine Kameras miserable Nachtfotos, dennoch ein kleiner Eindruck.) Dann besuchten wir einen Bücherflohmarkt (Bücher!!) und am Samstagmorgen den bekannten Naschmarktflohmarkt, der 30jähriges Bestehen feierte. (Noch mehr Bücher!!) Als anspruchsvolle Leserin kommt es selten vor, dass ich mir ein Buch nur wegen des Titelbildes kaufe, aber bei "Rucksackmörder in Australien" musste ich dann doch eine Ausnahme machen. Schönes Geschenk für meine Mutter. Außerdem genossen Maria und ich den Spätsommer an der Copa Cagrana auf der Donauinsel und im Prater. Das war dann auch schon mein Wienbesuch. Das Schuhmuseum hatte leider zu, dann eben beim nächsten Mal.

Was ich jedem Wienbesucher uneingeschränkt empfehle:
- Das Bestattungsmuseum (Skurril, aber faszinierend. Ich sage nur: Sarg-Recycling!)
- Opera Toilet Vienna (Opernpassage/Kärntnerstraße, 50 Cent, Walzer inklusive)
- Das öffentliche Kunstwerk "BIT.FALL" von Julius Popp oben am Karlsplatz (Es regnet Buchstaben!)

Noch ein Tipp: Beim Kauf einer Wochenkarte nicht davon ausgehen, dass diese ab Kaufdatum eine Woche lang gültig ist. Tatsächlich handelt es sich dabei immer um eine Kalenderwoche. Dufte.

Und zu guter Letzt ein Dankeschön und das Motto schlechthin für Wiener Hundehalter.
1. Ein Dankeschön: Dankeschön, Deutsche Bahn, für eure Klimaanlagen! Schockgefrostet fährt es sich viel besser und von einer Erkältung als Souvenir haben schließlich alle etwas.
2. Das Motto schlechthin für Wiener Hundehalter: "Nimm ein Sackerl für mein Gackerl."
Der Wiener Schmäh ist halt einzigartig.

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